GRENZGESCHICHTE

Die Grenzen Deutschlands und des deutschen Sprachgebiets in der Geschichte

Von Bert Alexander Schwank

870 – Teilung Lotharingiens im Vertrag von Mersen

Bernardi-Karte

‍Der Teilungsvertrag von Verdun hatte keine lange Lebensdauer. Kurz vor seinem Tode 855 verteilt Lothar das Mittelreich an seine drei Söhne: Der älteste Sohn, Ludwig, erhält die Kaiserwürde und Italien. Lothar II. erhält den nördlichen Teil, der den Namen Lotharingien annimmt (der häufig auch synonym verwendete Begriff ‚Lothringen’ soll hier zum besseren Verständnis nur für dessen südlichen Teil zwischen Maas und Saar verwendet werden). Karl erhält den südlichen Teil, Burgund, das nach seinem Tod nochmals geteilt wird.


‍Mit dem Tod Lothars II., der 869 ohne legitime Erben stirbt, entbrennt ein offener Erbfolgestreit zwischen dem West- und Ostreich um Lotharingien. Karl der Kahle kommt zunächst seinem an der Ostfront mit den noch nicht sesshaften Ungarn beschäftigten Bruder zuvor und lässt sich in Metz zum König von Lotharingien krönen, muss aber im folgenden Jahr 870 unter Druck des Kaisers Ludwig im Vertrag von Mersen einer vorher verabredeten Teilung zustimmen. Der östliche Teil Lotharingiens mit Friesland, dem Rheinland (mit Aachen und Köln), dem östlichen Lothringen (mit Metz, Nancy/Nanzig und Trier) und das Elsass (mit Straßburg und Belfort/Befort) kommt zum deutschen Reichsteil; der westliche Teil mit Holland, Brabant, Lüttich und dem westlichen Lothringen (mit Verdun/Wirten und Toul/Tull) kommt an Frankreich.


‍Auch Burgund, im westlichen Teil seit der Völkerwanderung von den inzwischen romanisierten ostgermanischen Burgundern, im Osten von Alemannen besiedelt, wird zwischen Frankreich und Deutschland geteilt. Frankreich erhält das Herzogtum Burgund (mit Dijon und Besançon/Bisanz), Deutschland das überwiegend deutschsprachige Hochburgund mit Basel und Neuenburg. Italien erhält Niederburgund (mit Lyon und Arles).


‍Die geographische Einteilung Deutschlands entspricht in dieser Zeit mit den Stammesherzogtümern Sachsen, Franken, Schwaben und Bayern sowie den Grafschaften Friesland und Thüringen noch den ursprünglichen Stammesgebieten, erweitert um das Friesland und das noch – ebenfalls fränkische – Lothringen.


‍Die Sprachgrenze veränderte sich leicht im Westen, wo sich das Französische in den fränkischen Randgebieten allmählich durchsetzt, und im Südosten, wo die Bayern sich in ihrem Kärntner Landesteil in gering bewohnte awarische und slowenische Gebiete ausdehnen.

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